Ganz aufgeregt kam er herbei gestürmt – der kleine Mann, der kleine Mann, der in meinem Herzen und in meiner Fantasie immer größer, immer mächtiger und immer weiser wurde.
Er war mein kleiner so vertrauter Mann.
Ganz aufgeregt berichtete er, besser sprudelte er los:
„Was mir so alles passiert! Gestern habe ich einen Seher gesehen, jetzt traf ich einen, der hat eine Geschichte erzählt. Und du glaubst nicht, die Geschichte, die er erzählt hat, spielte sich dann vor meinen Augen ab und ich habe wirklich geglaubt, was ich gehört habe, was er mit seinen Händen abbildete und was in seinem Gesicht zu sehen war. Ich konnte es spüren, es ist, als hätte ich es wirklich erlebt. Es hat sich bestimmt um einen Zauberer gehandelt, er konnte mir die Wahrheit, seine Wahrheit und die Wirklichkeit, märchenhaft, wunderbar darstellen. Aber eigentlich hat er wie ein Fernsehbild oder eine neue Wirklichkeit etwas in mich hineingemacht. Tausendmal besser als Netflix, ZDF, Google & Co. alle zusammen!“
Ich musste herzhaft schmunzeln, weil er die modernsten Medien in einem Atemzug mit einer archaischen Kompetenz wunderbar dargestellt hat. Schließlich hatte ich meinen C.G. Jung gelesen und seine Verbindung zu Hermann Hesse verstanden und genossen. Hermann Hesse lieferte die Bilder, die Literatur in Form magischer Märchen (der Archetypus des Geschichtenerzählers –als kleiner Moses- war mir zugelaufen), C.G. Jung orchestriert die / eine tiefenpsychologische Erklärung.
Dann sprudelte er weiter: „Willst du hören, was er erzählt hat? Willst du die Geschichte hören?“ „Klar…“, brummte ich mehr oder minder erregt. Ich erinnerte mich dann an die Geschichte von dem Seher und sagte, mehr als höflich, und wirklich interessiert:
„Lass mich dran teilhaben, ich höre dir zu.“ Ich hatte ihn wohl etwas gekränkt, weil er etwas gelangweilt oder de-energetisiert fortfuhr:
„Der Mann hat auch gesprochen von Worten, dass man mit Worten die Wirklichkeit nicht abbilden kann, genauso wenig wie mit Zahlen und dass Wissenschaft und Erkenntnistheorie alles Quatsch sind, beziehungsweise immer nur die Dinge reduzieren. Da Buchstaben genau so wie Netflix nur Bilder erzeugen.“ Dann kam er in Fahrt: „Ich habe vorhin – das ist ja jetzt wirklich kompliziert – eine Geschichte in einer Geschichte in einer Geschichte…“, sagte also der Märchenerzähler durch den Mund meines kleinen Freundes, eine Reihe von Kindern gesehen, die schrecklich geängstigt waren. Sie sprachen dauernd von kleinen Teufeln, die nicht leben und nicht tot sind, die trotzdem alle Menschen körperlich, seelisch, geistig aus der Bahn werfen, in einen Wahn hinein. Ich habe gefragt, wie heißt denn dieses Ding, was nicht lebt und nicht tot ist. Die Kinder sagten, das heißt Virus, man sieht es nicht, man hört es nicht, man kann es schmecken, manche Menschen macht es krank, manche aber auch nicht, manche tötete es, ganz schlimm. Schlimmer als jeder Teufel. Es heißt so ähnlich wie in der Schule der Varus, wo Cäsar seine Legionen hat verschwinden lassen. So hat Cäsar ja auch geschrien: „Varus, Varus, gib mir meine Legionen wieder“. Einer von den Kindern sagte, „Nein, das heißt Pirus“! Ein anderes sagte, „Nein! Das ist Virus – Varus, Virus, Pirus!“ – Ganz egal, auf jeden Fall hatten die Kinder schreckliche Angst und rannten nicht herum, wie Kinder das normalerweise tun, sondern saßen voller Angst -wie gelähmt- und starrten vor sich hin. Ein komisches Bild, dachte ich.
Jetzt muss ich ihnen mal wirklich erzählen, wie das ist mit Varus, Virus und Pirus. Also begann ich zu erzählen und die Kinder erwachten aus ihrer Lähmung. Zuerst die Äugelchen, dann die süßen Schnäutzchen, indem sie Fragen stellten und dann rannten sie herum am Ende der Geschichte waren sie geheilt.
Sie spielten wieder und waren nicht mehr gelähmt. Ich begann also zu erzählen:
Ein Virus, sagen die Wissenschaftler, keiner weiß, was es wirklich ist, ganz klein und macht die Menschen krank, so wie eine Bazille. Was eine Bazille ist, wisst ihr. „Na klar, davon kriegt man Schnupfen und muss husten oder eine Lungenentzündung. Und der der Virus ist also ein kleiner Bazillus?“ Ja, sagte ich. Ok, ihr wisst jetzt also, was ein Virus ist. ‚Ja,‘ sagten sie, fast im Chor, weil, ich hatte ein bisschen so gefragt wie der Kasper, den kennt ihr, der immer sagt, seid ihr alle da? Dann antworten die Kinder ja. Seht ihr das Krokodil? Ja. Hu, Vorsicht, das Krokodil. Also, sie wussten, was ein Virus ist. Dann habe ich ihnen auch schnell die Geschichte vom Varus und seinen Legionen erzählt. Dann wollten sie wissen, was Pirus ist.
Pirus ist, sagte ich, das ist etwas noch Kleineres als ein Virus, das hat auch der Freund der Königin Merkulus noch nicht finden können mit seinem großen Mikroskop und seinen ganzen Apparaten. Pirus ist ganz klein und macht die Menschen gesund und der Teufel versteckt immer den Pirus, weil der Teufel will, dass die Menschen krank werden, dann haben sie Angst und überschreiben ihm ihre Seele. Es gibt gar keinen Teufel ,ätsch‘, sagte ein kleines Kind trotzig neunmalklug und die anderen nickten begeistert. ‚Und wir brauchen keine Angst vor dem Teufel zu haben‘.
Das stimmt, entgegnete ich als der Märchenerzähler. Es gibt nämlich Pirus und Pirus ist ganz, ganz stark, viel stärker als jeder Virus, viel stärker als jeder Bazillus. Pirus wird nämlich mächtig, wenn man sich ganz nahe kommt. Wenn man Fußball spielt, miteinander rauft, kleine Katzen umarmt und streichelt, die Mama küsst und den Papa gegen das Schienbein tritt (da mussten alle lachen). Der kleine Pirus ist so klein, dass man ihn nicht sehen kann, aber er ist viel mächtiger als jeder Virus und jeder Bazillus. Er ist nämlich positiv und ganz ganz liebevoll und sanft und voller Verständnis und Akzeptanz für alles. Er überträgt sich und macht die Menschen gesund. Deshalb kuscheln auch alle Tiere und alle Menschen und reiben sich gerne aneinander. Da überträgt sich nämlich die Gesundheit des Pirus, wenn ihr euch also umarmt, miteinander rauft, springt, Bäume hochklettert!
Der Pirus kommt nämlich nicht nur von Mensch zu Mensch, sondern auch, wenn man zum Beispiel einen Baum umarmt oder an einer Blume riecht, manchmal kommt er auch, wenn man einen Sonnenuntergang bewundert durch die Augen.
Leider, der Pirus ist sehr klein und wenn ihr einen Wissenschaftler fragt oder eure Lehrer, die werden euch nicht glauben. Die werden sagen, das ist eine blöde Geschichte.
Aber ihr könnt ihn spüren, den Pirus. Er macht euch gesund, er macht euch fröhlich, er heilt euch. Ganz früher haben die Menschen, wie die Gorillas, alle in einem Nest geschlafen, Tag und Nacht waren sie zusammen, hatten zusammen Angst, haben sich getröstet, bei Vollmond waren sie mutig und wild und bei Neumond haben sie vor Angst gezittert, weil den Menschen die Dunkelheit Angst machte. Dann haben die Menschen die Dunkelheit vertrieben mit Hilfe der Wissenschaftler und der Techniker. Die haben auch den Virus und die Bazillen entdeckt. Aber leider haben die Wissenschaftler noch nicht den Pirus entdeckt. Deshalb müsst ihr ihnen helfen. Ihr müsst tanzen, singen, feiern, raufen und laufen. Und ganz lebendig sein und mutig und an den Pirus glauben, er hilft Euch immer … Schaut dem Leben ins Gesicht, dann seht ihr auch den Pirus, der Euch hilft.
Den Wissenschaftlern sagt ihr am besten 2 ZauberWorte: Immunsystem / Stressprofilaxe
Das hatten sie aber schon nicht mehr gehört …
Mehr als sterben kann kein Mensch
Epilog?
Da schaute mich mein kleiner Mann ganz aufgeregt an und sagte: „Wenn das Herr Drosten – oder wie heißt der Teufel, der immer im ZDF kommt, hört? – Dann muss ich bestimmt ins Gefängnis.“
Als er das sagte, mein kleiner Freund, war ich platt und sprachlos und ein bisschen verärgert. Wieder nur eine Geschichte, wieder keine Wirklichkeit. Ich würde zu meinem Freund gehen, der ist Chef von der Universitätsklinik und weiß alles, und ihn nach dem neuesten Virus fragen, der ja bekanntlich die Menschheit bedroht und was er von Pirus weiß. Ganz sicher Nichts! Also gibt es auch den Pirus nicht oder ist nur eine blöde Geschichte, die wahrscheinlich nur von einem Aluhut erfunden wurde?
Ihr Friedrich-Karl Emmrich Bonn, am 9.1.2021
(Coach, Dipl.-Psychologe, Dipl.-Sportlehrer und Freigeist)